Rechtsanwalt und Strafverteidiger

 

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Führerschein weg durch anwaltiche Fehlberatung: Anwalt für Verkehrsrecht kennt die Maastricht Studien nicht

Nobody´s perfect, den Spruch kennt jeder. Klar kann man mal daneben argumentieren und vielleicht mit einer Einschätzung nicht richtig liegen, das gehört hier zum Job und anderswo auch.

 

Also: Vor zwei Tagen rief mich ein neuer Mandant an, dem der Führerschein entzogen wurde, weil er wohl anwaltlich bis dato eher suboptimal vertreten war.

 

Wem man aber das Verkehrsrecht als seine Lieblingsspielwiese auserkoren hat und dann im Rahmen der anwaltlichen Beratung des Betroffnenen wegen Fahren unter THC Einfluss (die Werte waren 1,1 ng/ml THC und 14 ng/ml THC COOH, Blutprobe entnommen um 20.00 Uhr) schriftlich mit der Fahrerlaubnisbehörde in Kontakt tritt, dann sollte man wissen, was man tut. Sonst ist der Führerschein nämlich schnell mal weg.

 

Die Fahrerlaubnisbehörde der Hansestadt Lübeck hatte nach der "Rauschfahrt" so ihre Eignungszweifel und fragte bei dem Betroffenen mal schriftlich nach:

 

1) Wann haben Sie vor der Polizeikontrolle das letzte Mal Cannabis konsumiert? Bitte teilen Sie mir den Ort, die Uhrzeit und die Menge des konsumierten Cannabis mit.

 

(Anm. RA Schüller: Hier will die Behörde wieder auf die angeblich bestehenden substantiierten Darlegungspflichten hinaus, die bei der Verteidigung mit dem Argument des Einmalkonsums bestehen sollen. Zudem kann die Frage: Wann haben Sie das LETZTE Mal Cannabis konsumiert auch verstanden werden, dass die Behörde von vorherigen Konsumakten ausgeht, mit anderen Worten: Es handelt es sich um eine Fangfrage.)

 

2) Wieviele Stunden haben Sie nach dem Cannabiskonsum gewartet, bevor Sie die am xx.xx.2015 um 18.15  Uhr polizeilich festgestellte Autofahrt unter Cannabiseinfluss angetreten haben?

 

Ohne lang um den heißen Brei herum zu reden, kommt die Behörde gleich auf´s wesentliche zu sprechen. Auch hier kann man sich durch Zeitangaben, die nicht zu den Erkenntnissen der sog. "Maastricht Studien" passen, ins Aus schießen. Dann gibt es auch kein ärztliches Gutachten mehr, dann ist die Fahrerlaubnis gleich weg. Ein Anwalt aus dem Bereich des Verkehrsrechts sollte diese Studien kennen. Ehrlich.

 

Wer davon noch nichts gehört hat, kann sich meinen Artikel über die 6 Stunden Regel nochmal durchlesen, ist eigentlich nicht so schwer zu verstehen.

 

3) Wie sieht Ihr Konsumverhalten aus? Wie häufig und in welcher Menge konsumieren Sie Cannabis? (Von einem möglichen Einmalkonsum ist hier gar nicht die Rede, es handelt sich wieder um eine Fangfrage!)

 

 

Der Mandant hatte bis dato vieles richtig gemacht: a) Bei der polizeilichen Vernehmung vor Ort keine Aussagen zu Konsumfragen gemacht, b) Einen Anwalt für Verkehrsrecht aufgesucht.

 

Bei diesen Konstellationen bringt jede andere Aussage als Einmalkonsum innerhalb der letzten 6 Stunden vor der Blutabnahme den sicheren Entzug der Fahrerlaubnis!

 

Deshalb irritiert das Schreiben des Anwalts auf die behördliche Fragestellung, im Gespräch hat er meinen Mandanten auch nicht auf die Zeitproblematik hingewiesen, sondern schrieb folgendes (Reaktion der Fahrerlaubnisbehörde: Entzug der Fahrerlaubnis per sofort und kein ärztliches Gutachten, was eigentlich das Verteidigungsziel hätte sein  müssen!):

 

Der Anwalt trug also vor, der einmalige Konsum (richtiges Argument) habe 12 Stunden vor der Autofahrt stattgefunden (schlechtes Argument, da inkompatibel mit der als wissenschaftlich gesichtert geltenden Annahme, dass bei Einmalkonsumenten der aktive THC Wert binnen 6 Stunden nach dem Konsum unter 1 ng/ml fällt. Wenn nun behauptet wird, man habe 12 Stunden vorher konsumiert, folgert die Behörde daraus, dass nach diesem Konsum 12 Stunden vorher nochmal konsumiert worden sein muss - das bedeutet 2 Konsumakte und den gelegentlichen Konsum, was mit dem aktiven Wert von mindestens 1 ng/ml ausreicht für einen Entzug der Fahrerlaubnis....). Dass der Anwalt auch zu den Umständen des Einmalkonsums nicht weiter vorgetragen hat (wie kam es dazu, was wurde geraucht?) fällt hier schon nicht mehr weiter ins Gewicht, hätte aber auch ausgereicht, einen Entzug der Fahrerlaubnis wasserdicht zu begründen.

 

Ob dieser hypothetische zweite Konsum innerhalb der 6 Stunden mit dem vor 12 Stunden zu einem einzigen Probierkonsum verklammert werden kann bzw. ob dies nahe lag, hat die Behörde zur Sicherheit nicht erfragt, denn sie wollte ja den Führerschein meines Mandanten haben...

 

In der Anhörung vor dem beabischtigten Entzug der Fahrerlaubnis wies die Fahrerlaubnisbehörde nochmal deutlich auf das Problem hin:

 

"Es muss daher zwischen dem von Ihnen eingeräumten Konsumakt noch ein zweiter, zeitnäherer zur Blutprobenentnahme am xx.xx.2015 um 20.00 Uhr erfolgter, Cannabiskonsumakt stattgefunden haben."

 

Auf diesen doch so klaren Fingerzeig und der damit verbunden letzten außergerichtlichen Möglichkeit einer argumentativen Klarstellung antwortete der ehemalige Anwalt meines Mandanten wie folgt:

 

"Mein Mandant hat lediglich einen einmaligen Probierkonsum durchgeführt. Unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit rege ich an, ein ärztliches Gutachten zu veranlassen."

 

Tja. Das Ergebnis ist jetzt, dass wir auf dem Klagewege versuchen müssen zu retten, was zu retten ist. Die anwaltiche Beratung seitens meines Kollegen war krass fehlerhaft, das muss man leider so sagen.

 

Deshalb bitte merken: In ähnlichen Fällen bitte den Anwalt gleich direkt fragen, ob er Ihnen erklären kann, was es mit den Maastricht Studien anfangen kann oder nicht und ob er die Ableitungen daraus nennen kann. Wenn er das nicht kann oder erst recherchieren muss, ist er vermutlich der falsche Ansprechpartner....

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